Mehr Erlediger, weniger Verwalter – eine Hoffnung für die Zukunft
Wie so oft sind es die persönlichen Erlebnisse, die einen prägen. Oder aufmerksam machen. Auf den entscheidenden Unterschied zwischen dem Durchschnitt und dem Besonderem.
Bei mir war es ein profaner Händedruck, der mich aufmerken ließ. Mit meiner Frau hatte ich einen privaten, wunderbaren Kurzaufenthalt in Wien verbracht und die Kultur, das Essen und die warme Herbstatmosphäre intensiv genossen. Ein paar Tage der Erholung, einfach großartig.
Am Tag unserer Abreise gaben wir wie üblich unsere Keycard – klassische Zimmerschlüssel sind, glaube ich, inzwischen fast vollständig ausgestorben – an der Rezeption ab und nahmen unsere Rechnung in Empfang. So weit, so normal. Als wir uns nun allerdings zum Gehen umwandten, kam in der Lobby der Hotelmanager, von dessen Tipps wir schon während unseres Aufenthaltes profitiert hatten, noch einmal persönlich auf uns zu. Um sich zu bedanken! Dafür, dass wir sein Haus für unseren Aufenthalt gewählt hatten und Gäste seines Hotels waren. Eine an sich kleine Geste, die jedoch etwas Besonderes an sich hatte. Weil sie, rein sachlich betrachtet, nicht nötig gewesen wäre. Wir wären auch ohne sie mit einem guten Gefühl abgereist und hätten unseren Aufenthalt in angenehmer Erinnerung behalten. Durch sie jedoch bekam das Ganze eine persönliche Nuance: Wir waren nicht irgendwelche, sondern gerngesehene Gäste.
Ich bilde mir natürlich nicht ein, dass der Manager sich nur uns gegenüber derart zuvorkommend verhalten hat. Darauf kommt es an sich aber auch gar nicht an. Viel wichtiger ist, dass er in der Lage war, in einer immer unpersönlicher und formaler werdenden Welt voller Feedbackformulare und Ankreuzfragebögen, eine direkte Beziehung zu seinen Gästen aufzubauen. Er hat damit mehr getan, als er an sich hätte tun müssen. Statt Dienst nach Vorschrift, statt nur seinen Job zu machen, tat er das Quentchen mehr, das den entscheidenden Unterschied macht. Ein Hotel zu führen, bedeutet eben nicht nur Zimmer zu vermieten. Hierfür ein herzliches Dankeschön.
Die Guten machen einfach mehr als nur ihren Job. Sie sind Erlediger, bringen Dinge zu Ende und machen sie zu etwas Persönlichem. Verwalter hingegen – wie ich sie gerne nenne – machen, was vorgeschrieben ist. Sie berufen sich auf Vorgaben und scheuen Verantwortung und Entscheidungen, um ja nichts falsch zu machen. Nur nicht in Erscheinung treten. Und Dienstanweisungen befolgen. „Das haben wir schon immer so gemacht“ bleibt für sie oberste Maxime. Ob die Aufgaben erledigt und die Arbeit zu Ende gebracht wird, ist für sie nebensächlich. Hauptsache man kann ihnen keinen Fehler vorwerfen und alles bleibt beim Alten.
So kann man nicht erfolgreich arbeiten. Erfolg braucht mehr Erlediger und weniger Verwalter. Menschen, die – auch, wenn es nicht von ihnen erwartet wird – mehr tun, als sie müssen und bei Bedarf Lösungen finden, die in keinem Leitfaden stehen. Die nicht nur über den Tellerrand blicken, sondern möglicherweise auch über ihn hinweg ins kalte Wasser springen, wenn es notwendig ist.
Insofern erscheinen mir auch Diskussionen, wie die, über die ich zuletzt las, die mögliche Sinnhaftigkeit einer ’30-Stunden-Woche‘ beispielsweise oder ‚Pro- und Contra von Büroanwesenheit‘, oft am eigentlichen Zweck vorbei zu führen. Denn über den – persönlichen wie wirtschaftlichen – Erfolg der geleisteten Arbeit entscheidet zumeist nicht die Arbeits- oder Anwesenheitszeit, sondern vor allem die Erledigung der für diesen Erfolg entscheidenden Aufgaben. In welchem Zeitraum und wo diese ausgeführt werden, bleibt im Grunde zweitrangig, solange sie erfolgreich gelöst werden.
Selbst wenn sich mir manchmal der Eindruck aufdrängt, dass in vielen Bereichen die Verwalter inzwischen leider die Oberhand gewonnen haben, gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Erlediger zukünftig wieder stärker mit Erfolg auf sich aufmerksam machen. Ich bleibe gespannt.